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What A Wonderful World!

|© Dieter Wallentin|

Das Kalbsleder klebt ihr an der Haut. Die Klimaanlage bläst wieder mal zu kalt. Mei Gott, ihr Deppen, warum foats net weida?
Tina lächelt. Vor einer Woche verscherbelte sie ihren SUV, den familiären Zweitwagen. Jetzt sitzt sie auf ihrem neuen Fahrrad. Angenehm frischer Wind bläst ihr ins Gesicht, ihre Waden prickeln und sie spürt die kommende Kraft.

Sauer ist Maria auf Franz. Mir nichts dir nichts cancelt er Venedig. Cancelt einfach Venedig! Ein verlängertes Wochenende, dolce vita im 4 Sterne Hotel. Günstiger Flug. Mit dem Nachtzug will s i e nicht reisen.
Franz wiegt sich im Liegestuhl, die Augen halb geschlossen. Vor dem Museum Arbeitswelt geht sein Glück auf. Er genießt das sanfte Wasserrauschen der Steyr im Hintergrund und nippt an seinem Averna sour.

„Wir leben in einer Gesellschaft, der das Alte verloren geht, die etwas Neues aber noch nicht denken kann“ schreibt der Soziologe Stephan Lessenich. Dann machen wir es einfach wie Tina und Franz. Denken wir nicht, sondern tun wir – den Perspektivenwechsel. Tun wir die selbst produzierten Zwänge ablegen. Und lassen uns überraschen. Der gedachte Verzicht gestaltet sich vielleicht als unerwartete, willkommene Bereicherung.