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Christkind in crisis?

Brief 1:

Liebes Christkind, da ich heuer sicher weiß, wo du zuhause bist, trau ich mir mal richtig was wünschen. Lange schon träum ich von einer Reise nach Dublin. Untertags durch die Gassen wandern, die Stadt soll auch sehr schön sein und abends in Bars abhängen, eine Mischung aus Guinness und Whisky, am besten noch mit einer guten Freundin, ja genau, das wärs…

Brief 2:

Liebes Christkind, naja, dass dieser Brief zurückkommt, wundert mich jetzt nicht. Schon ein bisschen unverschämt, sich sowas zu wünschen, zudem bist du wahrscheinlich um meinen ökologischen Fußabdruck besorgt. Jetzt hab ich so ausgiebig an meinem Nachhaltigkeitsindikator gearbeitet, fahr bei (nahezu) jedem Wetter mit dem Rad in die Arbeit und dann sowas. Eine Flugreise, nur um ein bisschen dort abzuhängen, wo die guten Sachen herkommen. Von der Stadt würd ich nach zu viel Bier und Whisky vermutlich auch nicht mehr viel mitbekommen. Vernünftigerweise hab ich mirs anders überlegt. Ich wünsch mir doch lieber einen Kinogutschein für Lambach. Dort ist es sehr gemütlich, wie im eigenen Wohnzimmer und Guinness gibt’s dort auch.

Brief 3:

Liebes Christkind, hhmm, möglicherweise stimmt etwas mit deiner Adresse nicht, oder du bist, so wie die meisten heuer, gnadenlos überlastet. Andererseits muss ich dir recht geben, einen Film kann man sich aus fahr-, kosten- und sicherheitstechnischen Gründen auch zuhause anschaun. Meine Kinder haben Netflix, da könnt ich mich zur Abwechslung mal für einen Abend einwählen, das würd ich bestimmt hinkriegen. Guinness gibt’s daheim zwar keins, aber was soll’s. Dann wünsch ich mir halt eine Flasche Whisky. Ich weiß, der ist auch teuer, aber am gscheitesten ist es ohnehin, diesen daheim zu konsumieren, denn nach nur einem Glas sollte man sich nicht mehr allzu weit von seiner Schlafstätte rumtreiben…

Brief 4:

Liebes Christkind, langsam bin ich verwirrt. Liegt es immer noch an meinen Wünschen?!? Wobei, du hast recht, in Wahrheit brauch ich ja gar nichts. Es ist ohnehin alles im Übermaß vorhanden. Was ich mir aber wirklich wünsche ist anhaltende Gesundheit, freudvolle Begegnungen und ein zufriedenes Sein für meine Familie, meine Freunde und für mich. Das kann man sich nur wünschen, denn bestellen, kaufen oder einpacken kann man das alles nicht.

Andrea Sandner