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Erratum.

Die Krone der Schöpfung. Pah! Wir nackte, gierig gaffende Affen wollen tatsächlich die Krone der Schöpfung sein? Dass ich nicht lache, wo mir doch viel mehr nach Weinen ist. Wir, die wir uns im Paradies dereinst selbst ins Knie geschossen haben und folgerichtig aus selbigem vertrieben wurden, noch bevor wir uns dort häuslich niederlassen konnten. Wären wir’s wirklich, die Krone der Schöpfung, würden wir nicht ständig herumlamentieren und uns wünschen, dieses oder jenes Tier zu sein. Stark wie ein Bär wollen wir sein, mutig wie ein Löwe, schlau wie ein Fuchs und anmutig wie eine Gazelle. Fliegen wie ein Adler wollen wir können, schwimmen wie ein Fisch, rennen wie ein Pferd und singen wie die Nachtigall. Und, was sind wir wirklich? Glatt wie ein Aal sind wir, stur wie ein Esel, falsch wie die Hyäne und aufgeplustert wie ein Pfau. Manche stinken wie ein Iltis, andere wieder sind giftig wie eine Schlange und beliebt sind wir allesamt wie ein Schwarm blutrünstiger Moskitos im Schlafzimmer. Und von der Weisheit der Eule haben wir schon gar nichts, rein gar nichts. Nachts schlagen wir uns die Köpfe wund, weil wir nicht wie die Katzen sehen, und selbst am Tag sind wir für vieles blind. Wir und die Krone der Schöpfung, wo uns doch fast jedes noch so ekelige Insekt überlegen ist. Seit ca. 3 Milliarden Jahren gibt’s Leben auf unserem Planeten und seit 2 Millionen Jahren sind wir dabei, stets krankhaft bemüht, uns die Erde untertan zu machen. Wäre die Erde 24 Stunden alt, wären wir erst in den letzten 2 Minuten aufgetaucht. Wir sind ein Furz, ein erbärmlicher, stinkender 2-Minuten-Furz, der, sobald er entzündet, alles hemmungslos niederbrennt. Wir sind fleißige Zündler und Brenner, sind Verbrenner und feige „Vor-den-Problemen-Davonrenner“, wir sind in unserem „Die-Krone-der-Schöpfung-sein-wollen-und-alles-können-und-daher-auch-dürfen-Wahn“ gefangen. Wir sind eine peinliche Fehlkonstruktion und werden enden wie die Dinosaurier. Wir sind schwerfällig, überdimensioniert, nicht anpassungsfähig, unersättlich, beratungsresistent – und krank. Ja, krank sind wir, uns ist bestimmt, auszusterben und Chaos und Schutt und Plastik zu hinterlassen. Und dabei sind wir gründlich, von dieser Gründlichkeit auf unergründliche Weise besessen.

Ich mag uns nicht. Warum sollte ich auch, wo wir rücksichtslos den Planeten ausbeuten, Menschenrechte mit Füßen treten und unsere Verantwortung als Gäste auf Erden einfach nicht wahrnehmen wollen. Wir posaunen unhaltbare Weisheiten in die Welt, zieren uns protzig mit einer Krone, die uns nicht zusteht, quetschen unsere trägen Massen in einen Thron, der uns nicht passt. Fliegen wie ein Adler wollten wir, doch alles was wir schaffen ist, vom hohen Ross zu fallen, um uns dabei jämmerlich das Genick zu brechen.

Und irgendwie mag ich uns trotzdem. Zumindest so viel, dass ich noch immer nicht dran glauben will, dass wir so dämlich sind. Und doch, wir sind so. Ich geb‘ uns noch ein paar Dutzend heiße Jahre, dann hat die Erde endlich ausgelitten, uns wie lästige Wanzen abgeschüttelt, wollen wir wetten? Ich setze mein gesamtes Ersparte drauf, und du? Was, du wettest dagegen? Du willst das nicht wahrhaben und machst was dagegen? Na hallo, wenn das mehrere machen, dann habe ich schon verloren, dann bin ich chancenlos. Für Mutter Erde ist’s aber die einzige Chance.


Franz Brunner