Endlich ist es so weit. Die Politik sagt, alle Plätze, die mehr als 10 Quadratmeter an versiegelter Fläche aufweisen, müssen innerhalb von 6 Monaten begrünt werden. Der letzte Punkt auf einer Liste von etwa 1000 weltweit dringlichen Tier- und Umweltschutzprojekten ist damit abgeschlossen.
Gemeinsam haben wir es geschafft und unseren Planeten innerhalb von 10 Jahren zu einer liebens- und lebenswerten Oase für alle gemacht. Reiche Staaten teilen mit bedürftigen. Längst interessiert sich niemand mehr für VW, Fiat, Bentley, Rolls Royce oder Maserati, denn nach vielen Jahren des Wartens ist der Ausbau der Öffentlichen Verkehrsmittel abgeschlossen. Auch das kleinste Dorf ist nun im 30-Minuten-Takt erreichbar. Rund um die Uhr. 7 Tage pro Woche.
Photovoltaik boomt, Stromspeicher sind kein Luxus mehr, sondern genauso selbstverständlich wie üppig blühende Wiesen. Sogar das Thema ‚Pfui, Verwendung seltene Erde für e-Autos‘ ist vom Tisch. Die Wissenschaft hat eine perfekte Alternative in einer speziellen Verarbeitung menschlicher Exkremente gefunden. Noch nie war Scheiße so produktiv.
Umweltverschmutzung und Tierleid sind Fremdwörter. Vegetarier und Veganer werden nicht mehr belächelt. Im Gegenteil! Inzwischen wundert man sich, dass Hafermilch einst nicht den Anhang Milch enthalten durfte oder aus Erbsen hergestellte Würste und Schnitzel nicht Würste und Schnitzel heißen sollten.
Die ‚guten alten Zeiten‘ werden als das angesehen, was sie häufig waren: konservativ und dem Stillstand verhaftet.
Wörter wie Frauenquote, Gleichberechtigung, Equal Pay Day und Gender Pay Gap wurden bereits vor Jahren – ähnlich wie manch uraltes Dialektwort – in die Liste der ausgestorbenen Wörter aufgenommen, genauso wie Burschenschaften, rechtsradikal, Freunderlwirtschaft und Buberlpartie.
Das gleichberechtigte Miteinander sowie der Respekt gegenüber geschlechtlicher Individualität ist nichts mehr, was gefordert werden müsste. Es ist eine Selbstverständlichkeit. Eine Infragestellung würde mit verwundertem Kopfschütteln beantwortet.
»Wir sind zu Langweilern geworden, es bleibt nichts mehr, worüber wir uns aufregen könnten, alles läuft rund«, hat kürzlich einer meiner Freunde gemeint.
Ich habe gelächelt und geantwortet: »Wie wunderbar!«
Astrid Miglar www.astridmiglar.at
Ich lebe in Reichraming, einer Gemeinde direkt am Eingang zum Nationalpark Kalkalpen. Ich arbeite, wie viele andere Menschen auch. Zusätzlich bin ich Autorin und außerdem Gründungsmitglied von textQuartett Steyr, einem literarischen Zirkel, den es seit Anfang 2019 gibt. Wir treffen uns regelmäßig, halten fallweise Lesungen ab und stellen uns vor allem die Aufgabe der textlichen Vielseitigkeit. Außerdem bin ich Mitglied bei SgAG und verrate gern, dass diese Abkürzung für ‚Spontan gegründete Autorengemeinschaft‘ steht. Schön langsam geht mir die Freizeit aus, aber Termine für einen weiteren Stammtisch und die dazugehörigen Treffen bekomme ich bestimmt noch unter.